San Riemo
Ein forschendes Bauprojekt sucht nach Lösungen, die eine robuste Struktur mit dem Anspruch auf Aneignungsmöglichkeiten durch die Bewohner verbinden.
© ARGE summacumfemmer Büro Greb
Dreh- und Angelpunkt von SAN RIEMO ist Halle im Erdgeschoss. Sie bindet das Haus zusammen und ist gleichermassen Erschließungsraum, Waschsalon, Cafeteria, Bibliothek, Werkstatt und auch Ort für Veranstaltungen.
Offenes Erdgeschoss
Im Erdgeschoss entlang der Heinrich-Böll-Straße macht eine Bildungseinrichtung Angebote zur Förderung benachteiligter Jugendlicher. Junge Menschen aus der Nachbarschaft kommen zum Lernen, bereiten sich auf eine Ausbildung vor oder suchen in kritischen Lebensphasen Rat und Hilfe.
Atmendes Haus
Für SAN RIEMO wurden neben einer therapeutischen Wohngemeinschaft mit 10 Plätzen verschiedene Wohnformen erarbeitet: das Nukleuswohnen, Basiswohnen und das Filialwohnen. Das Projekt steht unter der Kernfrage nach dem „atmenden Haus“ – einem Begriff, der auf dem Gründungssymposium „Open table“ entstanden ist und bei dem es darum geht, Schrumpfen und Wachsen von Wohnungen innerhalb eines Hauses mit möglichst wenig technischem Aufwand und innerhalb eines engen Kostenrahmens zu erproben.
Nukleuswohnen
Am direktesten ist das Konzept des Nukleuswohnens auf diese Fragen bezogen. Es beruht auf der Hinterfragung der gängigen Hierarchie im Wohnungsbau, in der jede abgeschlosssene Wohnung einer Ordnung von Erschließung – Wohnbereichen und Individualräumen folgt. Beim Nukleuswohnen soll erforscht werden, inwieweit eine flexiblere Zuordnung dieser Bereiche zu einer neuen Organisationsform führt, in der die Räume mehrerer Wohnungen zunächst in einen Pool geworfen, um anschließend übergreifend neu arrangiert zu werden. Die Individualräume sollen so angelegt sein, dass sie durch die Bewohner*innen-Parteien selbst zugeordnet bzw. programmiert werden können. Im Gegensatz zu jüngeren Beispielen des „Cluster-Wohnens“ ist die Annahme jedoch nicht, dass sich die Parteien elementare Tätigkeiten des Wohnens teilen, sondern dass jeder Partei diese Kernbereiche individuell und privat zur Verfügung stehen – also in der Idealform ein ca. 35 m2 großer Nukleus mit Wohnen, Kochen, Bad fest einem Haushalt über die gesamte Dauer des Lebens im Haus zugeordnet ist.
Basiswohnen
Zudem gibt es in SAN RIEMO das Angebot des Basiswohnens. Es richtet sich an Personen, die einen selbst bestimmten Grad an gemeinschaftlichen Aktivitäten im Haus leben möchten, die eigene Wohnung aber als klar abgegrenzten eigenen Bereich sehen. Hierin drückt sich die proklamierte gesellschaftliche Offenheit der Genossenschaft aus, in dem von keiner Bewohner*in das Experiment oder der Wille dazu als notwendige Eintrittskarte ins Haus verlangt wird. In SAN RIEMO wohnen 15 Haushalte im Basiswohnen.
Filialwohnen
Dazu ergänzend ist im Filialwohnen ein Umverteilen von Flächen aus dem privaten oder „intimen“ Bereichen hin zu großzügigen Subgemeinschaftsflächen gedacht. Die voll ausgestatte Wohnung ist gegenüber der Basiswohnung um ca. 10-20% kleiner – bei gleicher Anzahl an „Betten“ – und generiert aus den so gewonnenen Flächenreserven gemeinschaftliche Wohnzusatzräume, die durch die Gemeinschaft frei programmiert werden können. Aktuell testen drei Haushalte diese Wohnform.
© ARGE summacumfemmer Büro Greb
Offener Realisierungswettbewerb
Unseren Grundsätzen folgend, lobten wir im April 2017 einen offenen einphasigen Realisierungswettbewerb für das Wohnbauprojekt SAN RIEMO aus.
Die KOOPERATIVE GROSSSTADT eG begreift den Wettbewerb und Entwicklung des gesamten Projektes als ein forschendes Vorhaben, in dem die Möglichkeiten des Wohnungsbaus innerhalb und an den Grenzen des gegebenen Regelwerks ausgelotet werden. Gesucht werden Lösungen, die eine robuste Struktur mit dem Anspruch auf Aneignungsmöglichkeiten durch die Bewohner verbinden. Mithilfe einer selbstbewussten architektonischen Lösung soll dem komplexen Programm des Hauses eine eigene Identität gegeben werden. Neben Wohnungen wird das Haus verschiedene Angebote für gemeinschaftliche und kulturelle Aktivitäten bereitstellen, um die städtische Vielfalt in Riem zu befördern.
Die Wettbewerbs-Jury tagte an zwei Tagen: Aus den Einreichungen traf sie am ersten, nicht öffentlichen Jurytag aus 62 Einreichungen eine engere Auswahl aus 14 Projekten. Am zweiten Jurytag wurde daraus der Siegerentwurf erkoren.
Als Novum im deutschen Wettbewerbswesen konnte die Öffentlichkeit dieser Jurierung in der Buga Lounge in Riem beiwohnen.
Quelle: https://kooperative-grossstadt.de/san-riemo-wettbewerb/ abgerufen am 28.06.2021
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San Riemo
Wohnfläche: 2670 qm
Wohnungsanzahl: 28
Gemeinschaftsräume: 205 qm
Gewerbeflächen: 320 qm
Bauherr: Kooperative Großstadt | KooGro eG
ARGE summacumfemmer Büro Greb
2020
(D) München Riem
ARGE summacumfemmer Büro Greb Projektbeschreibung
www.summacumfemmer.com/
Kooperative Großstadt eG Projektbeschreibung der Genossenschaft
www.kooperative-grossstadt.de
Kooperative Großstadt eG Download PDF aller Wettbewerbsbeiträge
www.kooperative-grossstadt.de
Publikation:
Süddeutsche Zeitung SZ-online 18.10.2020, „Angekommen in San Riemo“
www.sueddeutsche.de
Webforum Bauzentrum München, 2021
» PDF Vortrag Markus Sowa, Architekt