Wohnen im Pferdestall
Ausbau zum Wohnhaus mit Einliegerwohnung variabler Größe
„Haber, Heu, Stroh und Gsott“
Das Haus wurde 1868 als Pferdestall errichtet. Im Vorderhaus aus dem Biedermeier wohnte zu der Zeit ein Gänsekielfabrikant. Während des 2. Weltkriegs wurde in der Tenne ein Notquartier eingerichtet.
1997 wurde das Gebäude zum Wohnhaus ausgebaut. Die Garagen aus der Nachkriegszeit wurden rückgebaut, um den ursprünglichen Hofraum wiederherzustellen und das Gebäude besser zu belichten.
flexible Aufteilung
Im EG behielten die beiden neben der neuen Wohnküche liegenden Räume ihren eigenen Zugang, ein Raum wurde mit einem Duschbad und einer Miniküche ausgestattet, alle Räume untereinander verbunden, so dass ohne Umbau ein oder beide Räume separat oder der Hauptwohnung zugeordnet nutzbar sind.
Im OG wurde der provisorische Einbau des Notquartiers aus der Nachkriegszeit entfernt und weitgehend der offene Grundriss der ursprünglichen Tenne erhalten. Der Grundriss wurde so organisiert, dass gesonderte Verkehrsflächen verzichtbar sind, um die Flächen besser auszunutzen.
Der fehlende Keller wurde ersetzt durch Einbauten mit Schiebetüren entlang der gesamten rückwärtigen Brandwand sowie einem Einbauschrank unter der Treppe. In diesen Einbauten verbirgt sich auch die Haustechnik mit Hauptverteilung, zugänglich für Wartung und Veränderungen.
Quelle: Sabine Healey Architektin
Welche besonderen baulichen Maßnahmen wurden getroffen für die Flexibilität in der Aufteilung?
Zur Verbesserung des Schallschutzes zwischen den Wohnungen, sind die Zwischentüren zum Schaltzimmer mit einer Doppeltür ausgeführt. Die Türen haben eine Absenkdichtung und ein Türblatt aus Vollspan. Der höhere Schallschutz der Türe hat sich auch innerhalb der Wohnung bewährt, für das zur gemeinschaftlichen Küche liegende Zimmer. Das zweite Türblatt kann je nach Anordnung der Wohnungsgrenze umgehängt werden. Diese Anpassung erfordert keinen baulichen Aufwand und findet tatsächlich auch statt.
Die Terrassentüren der Zimmer im EG sind alle als Haustüren ausgeführt, ohne Schwelle und je von innen und außen absperrbar.
In welchen Varianten wurde das Haus in den knapp 25 Jahren seit Bezug genutzt?
Anfangs wurde eine 2-Zimmer-Wohnung vermietet, die Hauptwohnung dann um das mittlere Zimmer als Kinderzimmer erweitert und nur noch ein 1-Zi-Studio vermietet. Das Studio wurde später wieder selbst genutzt, für ein Au-Pair-Mädchen und danach als unabhängige Wohnung für die ältere Tochter. Denkbar ist auch ein separat zugängliches Büro. Damit wurde das Haus inzwischen in allen möglichen Varianten aufgeteilt.
Der ursprünglich angedachte nachträglich abtrennbare Zwischenflur dagegen wurde bisher nicht realisiert. Es gab keine Situation, in der dies den damit verbundenen Aufwand und Platzverlust wert schien. Im Gegenteil wurde der separate Eingang in allen Varianten eher als Vorteil empfunden, wie auch die eigene Küche.
Was könnte man aus heutiger Sicht besser anders machen?
Vermisst wird in der größeren Wohnung ein vom Bad getrenntes WC.
Auch die Option einer nachträglichen Abtrennung der offenen „Koje“ zum Arbeiten oder Schlafen im OG wurde nie umgesetzt. Obwohl in den Zeiten der Pandemie, wenn alle Familienmitglieder viel zuhause waren, schalltechnisch abgetrennte Rückzugsbereiche fehlten. Vorstellbar wäre eine schalldichte Verglasung und eine raumhohe Türe, die bei Bedarf geschlossen werden kann, die kleine Koje aber sonst mit dem offenen Raum verbunden bleibt.
Das Apartment im Erdgeschoss hat einen ebenerdigem Zugang. Noch mehr Varianten wären möglich, mit barrierefreier Ausführung des Bads im EG, als altersgerechte Wohnung, mit oder ohne das mittlere Zimmer.
Fazit der Bewohner
Flexibilität ist wertvoll und findet statt, wenn sie mit keinem baulichen Aufwand verbunden ist.
P-020
Wohnen im Pferdestall
Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung
115 m2 Wohnfläche
Architektin Sabine Healey
1868 Pferdestall
1940 Notquartier und Garagen
1997 Ausbau zum Wohngebäude
(D) München
Sabine Healey Architektin
www.auf-der-suche-nach-den-4-waenden.de
Bauherrenwettbewerb Vitale Innenstadt 2004
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